Übersicht Artikel

Mobilität im Bund mit Hilfe nachhaltiger Fahrzeugbeschaffung

Das Thema Mobilität ist komplex und nicht auf jede Fragestellung gibt es eine einfache Antwort. Bestehende Gesetze und Vorschriften geben der Fahrzeugbeschaffung einen Rahmen, verschiedene Werkzeuge und Hilfsmittel unterstützen die Bedarfsträger bei ihrer Auswahl, wodurch die Nachhaltigkeit gestärkt wird und CO2-Emissionen gespart werden.

Worauf es ankommt

Mit dem Verzicht auf Inlandsflüge, durch die verstärkte Nutzung von Webkonferenzen und die Arbeit im Home-Office können Personenkilometer und damit CO2-Emissionen eingespart werden. Kommt es aber auf die Präsenz vor Ort an, rücken Fragen der Mobilität in den Mittelpunkt. Je nach zu überwindender Distanz und Erreichbarkeit ist die Entscheidung für das geeignetste Verkehrsmittel zu treffen. Meist sind das entweder das (E-)Fahrrad, der ÖPNV, das Flugzeug oder der (E-)PKW.

Ist in vielen Fällen die Nutzung eines (E-)PKW das geeignetste Transportmittel und steht eine Neuanschaffung im Raum, sollten Vorüberlegungen getroffen werden: Welche Größe sollte das Fahrzeug haben? Welche Reichweite ist notwendig? Lassen sich Synergien mit anderen Nutzenden erzeugen? Diese und weitere Fragestellungen haben einen großen Einfluss auf die Beschaffung und Fahrzeugwahl. Jede einzelne Antwort hat ebenso direkten Einfluss auf die Kosten und die damit einher gehenden Umweltfolgekosten.

Der gesetzliche Rahmen in der Bundesverwaltung

Für die Bundesbehörden gelten das Gesetz über die Beschaffung sauberer Straßenfahrzeuge (Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz - SaubFahrzeugBeschG) und die Allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung zur Beschaffung sauberer Straßenfahrzeuge in der Bundesverwaltung (AVV Saubere Fahrzeuge). In diesen Regelwerken sind bereits verbindliche Regelungen getroffen, die Beschaffende bei einer Neuanschaffung einhalten müssen. So sind beispielsweise Emissionsgrenzwerte als Gesamtflottenziele vereinbart, welche nicht überschritten werden dürfen. Innerhalb dieses gesetzlichen Rahmens besteht grundsätzlich weiterhin die freie Fahrzeugwahl. Um herauszuarbeiten, welches Fahrzeug nicht nur das praktischste, sondern auch das nachhaltigste ist, ist es wichtig, sich sämtliche Lebenszykluskosten (LZK, LCC - Life-Cycle-Costing) eines Fahrzeuges anzuschauen.

Lebenszykluskosten

Lebenszykluskosten betrachten sämtliche Kosten, welche von der Rohstoffgewinnung über die Herstellung, den Transport zum Händler, die Nutzungszeit bis hin zum Weiterverkauf oder der Entsorgung anfallen inklusive der dabei erzeugten Treibhausgase. Mittels Emissionsfaktoren (EF) für jeden Prozess können sämtliche Kosten in CO2 Äquivalente umgerechnet werden. Mit diesen CO2 Äquivalenten lassen sich somit verschiedene Fahrzeuge aus dem gleichen Segment (bspw. Kleinwagen, Kompaktklasse etc.) miteinander vergleichen. Im Ergebnis kann dadurch das Fahrzeug gewählt werden, welches über den gesamten Lebensweg hinweg die geringsten Kosten an CO2 Äquivalenten erzeugt hat. Der reine Kaufpreis spielt dadurch nicht die einzige und nicht die alleinig ausschlaggebende Rolle mehr.

Die Schwierigkeit bei der Berechnung der Lebenszykluskosten liegt darin, dass nicht immer alle Informationen zur Verfügung stehen, die eigentlich benötigt werden. Dadurch finden oft Vereinfachungen statt. Das kann bedeuten, dass zum Beispiel der Rohstoffgewinnungsprozess nicht berücksichtigt wird, dafür aber die Produktion im Werk. Das Umweltbundesamt (UBA) arbeitet an einer umfangreichen Liste von Emissionsfaktoren, um diese der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig soll es perspektivisch damit auch möglich sein, sämtliche Lebenszyklusphasen betrachten zu können. Gespeist wird die Liste aus frei verfügbaren Faktoren aus der Literatur oder von Herstellern und Produzenten. Aber auch über Forschungsvorhaben des UBA werden Emissionsfaktoren ermittelt und auch aktualisiert. Derzeit bietet die beim UBA geführte Datenbank Probas ca. 20.000 Datensätze an, welche aktuell schon für eine LCC genutzt werden können. Ebenfalls stehen auf den Seiten des UBA Tools zur Verfügung um für bestimmte Produktgruppen eine LCC berechnen zu können.

Mittlerweile gibt es neben frei verfügbaren Datenbanken wie Probas auch kommerzielle Anbieter. Nicht alle dieser Datenbanken bieten EF für alle Anwendungsfälle, manche sind spezialisiert und bieten daher hauptsächlich EF für verschiedene Situationen wie Transport oder die Baubranche an.

Unterstützende Tool für die LCC

Um möglichst effektiv eine LCC aufstellen zu können, existieren verschiedene Hilfsmittel auf Basis von Excel. Der große Vorteil dieser Tools ist, dass sie oft schon entsprechende EF mit an Bord haben. Die Handhabung folgt im Grunde immer demselben Vorgehen. Wichtige Kerndaten der Fahrzeuge werden in das Tool gespeist und anhand der hinterlegten und/oder vorgenommenen Gewichtung wird ermittelt, welches Fahrzeug die geringsten Kosten, inklusive verursachter Treibhausgasemissionen, verursacht.

Um die Eingangsdaten zu erhalten, existieren zwei Wege. Entweder wird im Vorfeld eine Vorauswahl an möglichen Fahrzeugen getroffen und die entsprechenden Daten werden bei den Herstellern oder Händlern recherchiert. Die zweite Möglichkeit ist, im Rahmen einer Ausschreibung - sofern es das verwendete Tool zulässt - ein Formblatt den Ausschreibungsunterlagen beizufügen. Dieses Formblatt wird vom Bietenden ausgefüllt und mit der Angebotsabgabe zurückgespielt. Anhand der ausgefüllten Daten wird geprüft, welches Angebot den Zuschlag erhält.

Wie bei jeder datenbasierten Anwendung ist es wichtig und notwendig, dass die hinterlegten Daten für die Berechnung so aktuell wie möglich sind. Als Nutzer kann man oft nur darauf vertrauen, dass der Anbieter der Tools und Datenbanken die Aktualität gewährleistet. Andererseits gibt es häufig die Möglichkeit seitens der Bietenden aktuellere oder fehlende EF direkt zu ergänzen.

Empfehlung für die Fahrzeugbeschaffung

Das ifeu bietet seit diesem Jahr für die Produktgruppe Fahrzeuge einen kostenfreien LZK-Rechner an. Mit diesem lassen sich die eben beschriebenen Möglichkeiten umsetzen. Das UBA war im Feedbackprozess für den LZK-Rechner eng eingebunden und empfiehlt diesen auch auf den eigenen Seiten. Innerhalb der Bundesverwaltung konnten schon erste Erfahrungen mit der Nutzung des Rechners gesammelt werden. Auch wenn diese und andere Anwendungen keine Pflicht sind, kann damit jeder Bedarfsträger – egal ob privat oder öffentliche Hand – seine Kaufentscheidung (über)prüfen und helfen, Ressourcen einzusparen.

Zurück