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Was verbirgt sich hinter nachhaltigen Geldanlagen?

Die Nachfrage nach sogenannten nachhaltigen Geldanlagen nimmt seit Jahren kontinuierlich zu. Das zeigt etwa die Entwicklung im Bereich entsprechender Publikumsfonds im deutschsprachigen Raum.

Autor
Dr. Oliver Foltin

Wissenschaftlicher Referent im Arbeitsbereich Frieden und Nachhaltige Entwicklung der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST)
Leiter des Projektbüros Klimaschutz der EKD.

Neben den klassischen ökonomischen Kriterien interessieren sich die Anleger bei dieser Form der Geldanlage insbesondere dafür, wo und wie die von ihnen investierten Gelder verwendet werden. Berücksichtigt werden dabei Ausschluss-­, aber auch Positivkriterien, die über die klassische betriebswirtschaftliche Optimierung hinausgehen und Aspekte aus den Bereichen Ökologie, Soziales und Ethik umfassen.

Es ist jedoch nicht verbindlich festgelegt, wie eine nachhaltige Geldanlage genau aussehen sollte. Der Begriff „nachhaltiges Investment“ ist daher durch zahlreiche Bedeutungen und Definitionen bestimmt. Dies zeigt sich in den vielen begrifflichen Variationen und inhaltlichen Ausprägungen, die sowohl in der Alltagssprache als auch in der wissenschaftlichen Literatur für diese Form der Geldanlage verwendet werden. Zu den gängigen Bezeichnungen gehören „ethische“, „ethisch-ökologische“, „ökologische“, „soziale“, „nachhaltige“ und „gesellschaftlich verantwortliche“ Kapitalanlagen aber auch „grünes Geld“.

Die genaue inhaltliche und thematische Ausrichtung dieser Kapitalanlagen kann in der Praxis sehr unterschiedlich sein, und nicht immer ist diese über die Bezeichnung sofort eindeutig erkennbar. Das Spektrum nachhaltiger Anlageprodukte reicht – wie bei konventionellen Anlagen – von Spareinlagen und festverzinslichen Wertpapieren über Aktien und Investmentfonds bis hin zu Direktbeteiligungen.

Bisher existieren nur wenige von staatlicher Stelle definierte Siegel für die Ausgestaltung nachhaltiger Finanzmarktprodukte. Ausnahmen bilden das Österreichische Umweltzeichen sowie das ISR-Siegel (Investissement Socialement Responsable) und das TEEC-Siegel (Transition Energétique et Ecologique pour le Climat) in Frankreich. In den jeweiligen Anforderungskatalogen der Siegel werden entsprechende (Ausschluss-)Kriterien aus den Bereichen Umwelt, Klimaschutz und Erneuerbare Energien definiert, die im Auswahlprozess von den Anlageprodukten – in der Regel Fonds – berücksichtigt werden müssen.

Zudem gibt es eine Reihe von privatwirtschaftlich organisierten Initiativen, die für einen gewissen Standard beitragen. So können sich beispielsweise für das im Jahr 2015 gegründete FNG-Siegel nachhaltige Publikumsfonds per Antrag an jährlichen Bewerbungsrunden beteiligen. Das FNG-Siegel wurde vom Forum Nachhaltige Geldanlagen initiiert. Für die Zertifizierung nach den FNG-Kriterien müssen Fonds eine Reihe von Mindestanforderungen erfüllen.

Messung der Nachhaltigkeit
Durch die Anwendung von Positivkriterien werden beim „Positiv-Screening“ nur Unternehmen aus Branchen ausgewählt, die bestimmte Vorgaben erfüllen, etwa Produkte und Dienstleistungen, die unter Berücksichtigung ökologischer, sozialer und ethischer Aspekte produziert und vertrieben werden. Zu den ökologischen Positivkriterien werden daher unter anderem die Umsetzung von Energieeinsparung, die Wiederverwendung von Rohstoffen und die Reduktion von Emissionen gerechnet. Zu den sozialen Positivkriterien zählen beispielsweise das Recht auf betriebliche Mitbestimmung und das Verbot von Kinderarbeit; unter ethische Positivkriterien fällt etwa die bewusste Integration von Mitarbeitern aus ethnischen oder religiösen Minoritäten. Beim „Negativ-Screening“ bleiben Unternehmen unberücksichtigt, die gegen zuvor festgelegte Negativ-Kriterien verstoßen.

Zu den am häufigsten angewendeten Ausschlusskriterien zählen in Deutschland für Unternehmen Waffen (Handel und Produktion), Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen, Glücksspiel, Korruption und Bestechung, Tabak, Pornografie, Alkohol, Kernenergie und Umweltzerstörung. Bei rund 52 Prozent aller nachhaltigen Anlagestrategien werden solche Ausschlusskriterien berücksichtigt. Bei Staaten stehen Korruption, Diktaturen, Verstöße gegen Waffensperrverträge, Todesstrafe und Kernenergie im Fokus der Investoren – allerdings ist deren Anwendung weniger verbreitet als im Unternehmensbereich. Indes werden von manchen Anbietern von Finanzprodukten die Negativkriterien nicht angewendet, wenn der Umsatz des kritischen Bereichs eines Unternehmens unter einem bestimmten Anteil am Gesamtumsatz liegt, beispielsweise nicht mehr als fünf oder zehn Prozent ausmacht. (Siehe Artikel, S. 33)

Eine Ausprägung des „Negativ-Screenings“ ist das zunehmend beliebter werdende „Divestment“. Die Idee dahinter ist der gezielte Ausschluss von Investments aus dem Bereich fossiler Energieerzeugung (Kohle, Öl und Gas). So soll ein Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung und der damit verbundenen notwendigen drastischen Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasemissionen geleistet werden.

Da den Kapitalanlegern ihre Einflussmöglichkeiten oftmals nicht ausreichten, hat sich als weitere Strategie die Form des aktiven Aktionärstums – das so genannte „Engagement“ – entwickelt. Dabei wird von Investoren durch den direkten Dialog mit der Unternehmensführung – auf Hauptversammlungen oder auch in Gesprächen mit den Vorständen – versucht, die Unternehmenspolitik in eine bestimmte Richtung zu lenken. Dadurch sollen die sozialen, ethischen und ökologischen Wirkungen der Tätigkeiten der Unternehmen verbessert werden.

Das „impact investing“ stellt eine Form der Anlage dar, bei der gezielte Investitionen in Unternehmen und Projekte – oftmals durch Beteiligungen und Darlehen –, verbunden mit dem Zweck erfolgen, zusätzlich zur Erwirtschaftung eines finanziellen Ertrags auch auf soziale und ökologische Aspekte einzuwirken. Damit geht häufig eine unmittelbare Wirkung und der Versuch einer direkten Einflussnahme einher – im Vergleich zum klassischen nachhaltigen Investment und die dortige eher indirekte Wirkung. So können durch das gezielte Investment in Unternehmen oder spezielle Fonds Produkte und Dienstleistungen – etwa im Bereich der erneuerbaren Energien oder auch in Sozialunternehmen – unterstützt und gefördert werden.

Nachhaltige Geldanlagen und die Rolle der Kirchen
In Deutschland investieren auch die Kirchen ihre Gelder in nachhaltige Anlagen. In vielen Landeskirchen und Bistümern spielen daher heute vermehrt soziale, ökologische und ethische Kriterien bei der Geldanlage eine wichtige Rolle. Allerdings was die Anlagepraxis angeht, so wird sie in den einzelnen
Landeskirchen und Bistümern unterschiedlich umgesetzt.

Um beim nachhaltigen Investment eine wirkliche Vorreiterrolle zu übernehmen, sollten die Landeskirchen und Bistümer ihre Finanzanlagen einer kontinuierlichen Analyse unterziehen, und zwar auf Basis der im „Leitfaden für ethisch-nachhaltige Geldanlage in der evangelischen Kirche“  beziehungsweise in der „Orientierungshilfe für Finanzverantwortliche katholischer Einrichtungen in Deutschland“  beschriebenen Standards. Sie sollten dann bei Bedarf angepasst werden.

Damit der Stand der Umsetzung von nachhaltigen Geldanlagen darstellbar und überprüfbar wird, könnten kirchliche Anleger, aufbauend auf den Leitfäden, Kennzahlen entwickeln. Zur öffentlichkeitswirksamen Darstellung der Anlagepolitik könnte zudem ein regelmäßig erscheinender „Jahresbericht zur Nachhaltigkeit der kirchlichen Vermögensanlage“ hilfreich sein.

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