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Bundesgartenschau 2019 in Heilbronn

Autoren
Prof. Dr. Volker Teichert, Dr. Oliver Foltin und Jan Fries

Prof. Dr. Volker Teichert ist Hochschullehrer an der HS Fresenius Heidelberg und wissenschaftlicher Referent im Arbeitsbereich Frieden und Nachhaltige Entwicklung der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft,
Dr. Oliver Foltin leitet das Projektbüro Klimaschutz der EKD,
Jan Fries ist Umweltbeauftragter der Bundesgartenschau Heilbronn 2019 GmbH.

Großveranstaltungen erzeugen zusätzlichen Verkehr, verbrauchen Ressourcen und Energie, lassen Abfall entstehen und belasten damit Mensch, Umwelt und Natur. Das trifft auch auf die Bundesgartenschau Heilbronn zu, die vom 17. April bis 6. Oktober 2019 möglichst viele Besucherinnen und Besucher anziehen soll.

Im April 2017 hatte sich die Bundesgartenschau entschieden, die Umweltauswirkungen ihrer Geschäftsstelle und ihrer Veranstaltungen während der Bundesgartenschau 2019 nach der europäischen „Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung“ (EMAS) überprüfen zu lassen.

Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung als Handlungsprinzip der Bundesgartenschau Heilbronn 2019 GmbH
Die Bundesgartenschau Heilbronn findet auf einer 40 Hektar großen ehemaligen Industriebrache statt. Im Unterschied zu anderen Bundesgartenschauen entsteht auf dem Gelände der Bundesgartenschau das neue Stadtquartier Neckarbogen, das mit bis zu 800 Menschen zur Bundesgartenschau bewohnt sein wird. Zwischenzeitlich ist der Neckarbogen von der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGnB) mit dem Vorzertifikat „Platin“ – d.h. dem höchsten Standard – als nachhaltige Planung ausgezeichnet worden. Etwa 3.500 Menschen sollen nach Ende der Bundesgartenschau dort wohnen und 1.000 einen Arbeitsplatz haben.

Im gesamten Planungs- und Bauprozess spielen Nachhaltigkeitskriterien und ökologisches Handeln eine wichtige Rolle. Durch die Erdmodellierung wurden bis heute rund 650.000 Kubikmeter Erde auf dem Areal bewegt; ein Großteil hiervon konnten auf Grund entsprechender Planung vor Ort wieder eingebaut werden, wodurch letztlich Kosten- und Transportwege eingespart werden konnten. Weiterhin sind die Schaffung und der Schutz von Lebensräumen für verschiedenste Tierarten integraler Bestandteil. Im Hafenpark wurden neue Eidechsenhabitate und Flächen für Wechselkröten angelegt. Insgesamt wurden während der Bauarbeiten 13 Tonnen Kampfmittel sowie 300 Tonnen Altmetall geborgen und fachgerecht entsorgt.

Mit dem Neckaruferpark wurden neue Flachwasserzonen und Lebensräume für unterschiedliche Tierarten (Fischreiher, Eisvögel, Schwäne, Pflanzen, Mikroorganismen usw.) geschaffen. Die beiden so entstandenen Seeanlagen (Floßhafen und Karlssee) bieten schon jetzt Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten.

Letztlich wird auch im Betrieb der Bundesgartenschau auf möglichst ressourcenschonendes Verhalten Wert gelegt. Neben dem Einsatz von Ökostrom und Elektrofahrzeugen auf dem Gelände sollen auch die Besucher für das Thema sensibilisiert werden und möglichst den ÖPNV oder Reisebusse zur Anreise nutzen. Für die Anreise zur Bundesgartenschau mit dem ÖPNV in einem bestimmten Gebiet gelten sowohl für Dauerkartennutzer als auch für Tageskartennutzer attraktive Angebote. Die Anreise mit dem ÖPNV ist im Tagesticket enthalten. Dauerkartenbesitzer reisen zum halben Preis.

Reallabor für autonomes Fahren
Während der Bundesgartenschau Heilbronn wird das Areal der Stadtausstellung als Testfeld für BUGA:log, ein automatisiertes Zustellfahrzeug, fungieren. In einem sogenannten „Reallabor“ der Hochschule Heilbronn und der Stadt Heilbronn soll getestet werden, in welchem Umfang BUGA:log bestimmte Aufgaben zur Nahversorgung im städtischen Raum übernehmen und eine Reduzierung von Logistikverkehren innerhalb von Quartieren durch autonom fahrende Zustellsysteme erreicht werden kann. So soll es während der Bundesgartenschau für die Anlieferung von Post und Paketen zum Einsatz kommen und im Gegenzug Briefe und Pakete der Bewohner aufnehmen und diese an einer zentralen Stelle für entsprechende Dienstleister deponieren. Auch für andere logistische Herausforderungen im kompakten urbanen Raum, etwa für Versorgungs- und Entsorgungsprozesse, ist eine Nutzung denkbar. Der Einsatz von elektrisch angetriebenen autonomen Fahrzeugen wird auch vor dem Hintergrund erprobt, dass der motorisierte Verkehr in Städten reduziert werden soll.

Einzigartige Pavillons und das höchste Holzhochhaus.
Zwei weltweit einzigartige bionische Pavillons nach Vorbildern aus der Natur sind geplant. Die aus Holz bzw. Karbonfaser bestehenden Bauten sind digital geplant und gefertigt. In der Stadtausstellung ragt das aktuell höchste Holzhybridhochhaus Deutschlands empor.
Spiel, Sport, 5000 Veranstaltungen
Auf dem Gelände der Bundesgartenschau befinden sich drei große Spielplätze, dazu eine Kletterwand, ein Beachvolleyballfeld, ein Multifunktionsspielfeld sowie der Sportpunkt Campuspark, einem Übungszirkel, der zusätzlich kleine Gradierwerke mit salzhaltiger Luft aufweist. Alle diese Anlagen sind nachhaltig angelegt und werden auch nach der Bundesgartenschau der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.

Umweltpolitik der Bundesgartenschau Heilbronn 2019 GmbH
Die Bundesgartenschau Heilbronn hat sich in ihrer Umweltpolitik dazu verpflichtet, zum einen die Umweltauswirkungen, die aus der Durchführung der Bundesgartenschau resultieren, soweit wie möglich zu reduzieren oder zumindest zu begrenzen. Andererseits sollen anhand von beispielhaften Umweltschutzmaßnahmen das Umweltmanagement für die Teilnehmer/innen und Besucher/innen der Bundesgartenschau erfahrbar gemacht werden. Wichtige Bereiche, die durch das Umweltmanagement thematisiert werden, sind das Abfallverhalten, die umweltverträgliche Mobilität der Teilnehmer/innen und Besucher/innen, der sparsamere Einsatz von Energie und Wasser während der Durchführung, die Gastronomie und die umweltfreundliche Beschaffung. Um diesen Ansprüchen nachhaltig gerecht zu werden, hat sich die Bundesgartenschau Heilbronn 2019 GmbH die folgenden Umweltleitlinien gegeben, die im Folgenden auszugsweise wiedergegeben werden.

Reduzierung der Umweltbelastungen
Mit der Anreise und dem Aufenthalt an Veranstaltungen der Bundesgartenschau Heilbronn sind immer auch Naturverbrauch und Umweltbelastungen verbunden. Dies bedeutet, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die von den Veranstaltungen ausgehenden Umweltbelastungen durch den Gebrauch von Energie, Material und Wasser, durch die Mobilität der Teilnehmer/innen und Besucher/innen, durch die Gebäude- und Flächennutzung, bei der Beschaffung von Lebensmitteln und Materialien sowie bei der Abfallbeseitigung Schritt für Schritt zu reduzieren und nach Möglichkeit in geschlossene Kreisläufe zu überführen. Die Einhaltung der Umweltgesetze, Umweltvorschriften und sonstigen bindenden Verpflichtungen gilt für die Bundesgartenschau Heilbronn als Mindeststandard.

Energie, Mobilität und Klimaschutz
Angesichts des Klimawandels und den sich daraus ergebenden Folgen für Mensch und Natur verpflichtet sich die Bundesgartenschau Heilbronn in den Bereichen Energie und Mobilität sowohl den Energieverbrauch weiter zu senken als auch die umweltverträgliche Nutzung regenerativer Energie zu stärken. Ein besonderes Augenmerk richtet sich auf ein umfassendes Angebot mit umweltfreundlichen öffentlichen Verkehrsmitteln. Daher sollen Besucher/innen die Veranstaltungen der Bundesgartenschau Heilbronn mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen und verlassen können.
Angebot an regionalen, biologischen und fair gehandelten Lebensmitteln
Den Besucher/innen der Veranstaltungen der Bundesgartenschau Heilbronn sollen – wenn möglich – regionale, biologische und fair gehandelte Lebensmittel angeboten werden. Es sollen bei allen Tätigkeiten, die sich direkt und indirekt auf die Umwelt auswirken könnten, diejenigen Alternativen bevorzugt werden, die die Umwelt am wenigsten belasten.

Erstellung eines Abfallkonzepts
Das Abfallkonzept sieht zunächst die Abfallvermeidung und danach eine konsequente Abfalltrennung vor. Es gilt für den Auf- und Abbau sowie die Durchführung der Veranstaltungen, für temporäre Bauten für Konzerte und Präsentationen, das Catering/die Gastronomie und den Papierabfall durch Info- und Werbematerial sowie Büromaterialien. Daher liegt das Augenmerk auf einer umweltfreundlichen Beschaffung in allen für die Veranstaltungen relevanten Bereichen.

Aufbau eines Umweltmanagementsystems
Durch die Anwendung eines Umweltmanagementsystems nach EMAS soll eine Verbesserung der Umweltbedingungen bei der Bundesgartenschau Heilbronn 2019 und seinen Veranstaltungen, die Umsetzung der Umweltpolitik sowie des Umweltprogramms gewährleistet werden. Dazu wird mit den beauftragten Unternehmen, den zuständigen Behörden und der Stadt Heilbronn zusammengearbeitet und auch auf die Tätigkeiten von Vertragspartnern wie Dienstleistern und Lieferanten Einfluss genommen. Ebenso erfolgt ein Austausch der Erfahrungen mit anderen Organisationen von Veranstaltungen, um so zur weiteren Umweltverträglichkeit beizutragen.

Information der Teilnehmer und Besucher
Durch eine gezielte Informationspolitik soll den Teilnehmern und Besuchern der Bundesgartenschau Heilbronn auf die Durchführung der Veranstaltung bezogenes Umweltwissen vermittelt werden. Damit sollen das Umweltbewusstsein und die Verantwortung für die Umwelt gefördert werden, um sowohl ein umweltschonenderes Verhalten während der Veranstaltung als auch im persönlichen Bereich zu erreichen. Durch eine damit einhergehende Öffentlichkeitsarbeit möchte die Bundesgartenschau Heilbronn ebenso die Vielzahl der Teilnehmer/innen und Besucher/innen in ihrer Kompetenz stärken und zu gesellschaftlichem und institutionellem Handeln in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung ermutigen.

Diese Umweltpolitik wurde im März 2018 von der Geschäftsführung und im April 2018 vom Aufsichtsrat der Bundesgartenschau Heilbronn 2019 GmbH verabschiedet.
Verabschiedung eines Umweltprogramms.

In ihrem Umweltprogramm hat die Bundesgartenschau eine Reihe von Maßnahmen festgelegt, die entweder bereits umgesetzt oder noch umgesetzt werden:

  • Einsatz von energiesparenden Elektrogeräten bzw. Einsatz von Steckdosenleisten zum Abschalten der Geräte nach Ende der Veranstaltungen
  • Dienstanweisung zum Abschalten von Geräten bei Veranstaltungsende
  • Absprache Energieversorger vor Ort zur Umstellung auf Öko-Strom während der Veranstaltungszeit
    Speicherung und Reinigung des Regenwassers in den beiden Seen; mit dem gewonnenen Regenwasser werden dann die Parkanlagen automatisch gewässert
  • Verwendung von biologisch abbaubaren Spül- und Reinigungsmitteln
  • Einsatz von Mehrweggeschirr, wiederverwendbaren Mietbechern inklusive Pfandsystem und Spülstraßen
  • Vorhandensein von Ladestationen für E-Bikes
  • Digitalisierung des Programmhefts
  • Druck der Publikationen auf Recyclingpapier
  • Nachhaltige und faire Produktion der angebotenen Waren (keine Kinder-/Zwangsarbeit, unmenschlichen Arbeitsbedingungen)

Am 5. Dezember 2018 wurde die Geschäftsstelle vom Umweltgutachter validiert, die Validierung der Veranstaltung erfolgt dann im Sommer 2019. Mit der Einführung ihres EMAS-Umweltmanagementsystems ist die Bundesgartenschau Heilbronn 2019 die erste Bundesgartenschau, die ein solches System eingeführt hat.

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