Aktueller Stand der öffentlichen Beschaffung biobasierter Produkte in Deutschland
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft fördert seit Anfang 2017 an der Universität Würzburg ein Projekt zur öffentlichen Beschaffung von biobasierten und damit aus nachwachsenden Rohstoffen bestehenden Produkten. In diesem Rahmen werden umfangreiche Befragungen öffentlicher Auftraggeber und von Anbieterunternehmen biobasierter Produkte durchgeführt sowie eine Austauschplattform zwischen beiden Marktseiten innerhalb des Verwaltungs- und Beschaffernetzwerks (www.VuBN.de) eingerichtet.
Autoren
Felix Blank, Dr. Miachael Broens, Jennifer Fischer und Prof. Dr. Ronald Bogaschewsky, seit 2001 Inhaber des Lehrstuhls für BWL und Industriebetriebslehre an der Uni Würzburg.
Erkenntnisse aus den durchgeführten Studien zur biobasierten öffentlichen Beschaffung
Die ersten im Rahmen des Projektes durchgeführten Befragungen öffentlicher Auftraggeber einerseits und Anbieterunternehmen biobasierter Produkte andererseits erfolgte von Mai bis Juli 2017. An diesen haben sich 1.163 öffentliche Auftraggeber und 185 Anbieterunternehmen biobasierter Produkte beteiligt. Im Folgenden sollen die wesentlichen Erkenntnisse dieser Studien vorgestellt werden.
Status quo der biobasierten öffentlichen Beschaffung
Die Bedeutung der sozialen und auch der ökologischen Nachhaltigkeit bei Beschaffungsmaßnahmen wird bisher nur von einem Drittel der befragten Verwaltungen als hoch oder sehr hoch angesehen. Weitere knapp 40 % sehen zumindest eine mittlere Bedeutung. Diese Ergebnisse können einen Erklärungsansatz dafür liefern, dass ein Großteil der Verwaltungen bisher nie oder nur selten konkrete Aktivitäten zur Förderung des Nachhaltigkeitsgedankens unternehmen, also beispielsweise Schulungen durchführen oder Leitfäden nutzen. Ein Drittel der öffentlichen Verwaltungen beschafft jedoch schon bereits jetzt regelmäßig gezielt biobasierte Produkte.
Eine gezielte Beschaffung dieser Produkte ist nur dann möglich, wenn auch biobasierte Produkte als Alternativen zu konventionellen Gütern bekannt sind. Diesbezüglich bestehen große Unterschiede zwischen den einzelnen Produktgruppen. Sind biobasierte Baustoffe, Energie, Schmierstoffe und Reinigungsmittel hier schon einem Großteil der öffentlichen Beschaffer bekannt, so gilt dies nur mit Abstrichen für Güter aus den Bereichen Büro-/Raumausstattung, Büroartikel und Textilien. Generell kann hier festgehalten werden, dass biobasierte Produkte dann zu einem größeren Maße bekannt sind, wenn diese auch, wie beispielsweise bei der biobasierten Energie oder den Reinigungsmitteln, in erhöhtem Maße im öffentlichen Fokus stehen.
Die befragten öffentlichen Auftraggeber, denen auch die jeweiligen biobasierten Produktalternativen bekannt sind, gehen davon aus, dass biobasierte Produkte in der Beschaffungspraxis eine deutlich größere Rolle spielen könnten als bisher. Dies soll exemplarisch am Beispiel biobasierter Reinigungsmittel erläutert werden. Aktuell machen biobasierte Reinigungsmittel nur in 29,4 % dieser Verwaltungen einen Anteil von mindestens 40 % des Beschaffungsvolumens in dieser Produktgruppe aus. Fast 90 % der Verwaltungen sehen aber die Möglichkeit, dass aus rein funktionaler Sicht der Anteil biobasierter Reinigungsmittel am Beschaffungsvolumen dieser Produktgruppe über 40 % betragen könnte. Bei den anderen Produktgruppen fällt der Anteil an Verwaltungen, die einen Anteil der biobasierten Produkte am jeweiligen Beschaffungsvolumen von über 40 % für möglich halten, geringer aus. Mit Ausnahme der Reinigungsmittel ist die Differenz zwischen theoretisch für möglich gehaltenen und tatsächlichem Anteil jeweils nahezu gleich (ca. 35 %). In allen betrachteten Produktgruppen gibt es folglich insgesamt ein hohes Steigerungspotenzial bei der Beschaffung biobasierter Produkte.
Hürden der biobasierten öffentlichen Beschaffung
Da über alle betrachteten Produktgruppen hinweg ein großes Wachstumspotenzial für die öffentliche Beschaffung biobasierter Produkte besteht, stehen offenbar erhebliche Hinderungsgründe dieser entgegen. Alle abgefragten potenziellen Hürden wurden von einem Großteil der Befragten zumindest teilweise auch tatsächlich als solche empfunden. Insbesondere die mangelnden Anreize zur Beschaffung biobasierter Produkte sowie Zweifel an der (preislichen) Konkurrenzfähigkeit der Produkte werden dabei als besonders relevante Hürden wahrgenommen. Weniger kritisch wird der mangelnde verwaltungsinterne Wille zur Beschaffung dieser Produkte gesehen.
Eine weitere Unterteilung der Konkurrenzfähigkeit in Teilaspekte zeigt, dass Qualität, Leistung und Technik sowie die Betriebs- und Entsorgungskosten der biobasierten Produkte größtenteils gleichwertig, die ökologische und soziale Nachhaltigkeit deutlich besser im Vergleich zu nicht-biobasierten Alternativen gesehen werden. Über alle Produktgruppen hinweg wird jedoch der Einstandspreis als deutlich schlechter empfunden, sodass hierin die wesentliche Ursache für die teils als mangelhaft empfundene Konkurrenzfähigkeit zu sehen ist. Als mangelnde Anreize werden insbesondere eine reine Einstandspreisfokussierung bei Beschaffungsentscheidungen, nicht vorhandene monetäre Zuschüsse, nicht gegebene rechtliche Pflichten und mangelnde verwaltungsinterne Anreizsysteme für die Beschaffung biobasierter Produkte genannt. Die starke Fokussierung auf den Einstandspreis der öffentlichen Verwaltungen verschärft dabei das Problem der höheren Einstandspreise, da in diesen Fällen die positiven Eigenschaften biobasierter Produkte weitgehend unberücksichtigt bleiben.
Zukunftserwartungen
Für die Zukunft wird jedoch tendenziell erwartet, dass die Zahl der gezielten Ausschreibungen für biobasierte Produkte steigt, und auch, dass die Bereitschaft von Anbieterunternehmen wachsen wird, sich auf eben diese zu bewerben. Weiterhin wird seitens der öffentlichen Auftraggeber erwartet, dass sich die Konkurrenzeigenschaften biobasierter Produkte in den kommenden Jahren verbessern werden. Dies gilt auch für den Einstandspreis.
Fazit
Das Marktpotenzial der öffentlichen Beschaffung biobasierter Produkte ist groß. Bisher wird dies in der Beschaffungspraxis insgesamt jedoch nur in Ansätzen realisiert. Neben der zentralen Rolle der höheren Einstandspreise und deren starken Gewichtung bei öffentlichen Beschaffungsentscheidungen sind die übrigen Hinderungsgründe jedoch vielfältig. Zweifelsfrei sind alle beteiligten Seiten gefordert, Anstrengungen zum Abbau dieser Hürden zu unternehmen. Welche Ansätze hier am vielversprechendsten sind, ist unter anderem ein Fokus der diesjährigen, sich noch in der Auswertung befindlichen Studien.
Die im Rahmen des Projektes im VuBN als „Expertengruppe Biobasierte Produkte“ geschaffene Austauschplattform für öffentliche Auftraggeber und Anbieterunternehmen biobasierter Produkte kann hier sicherlich einen Beitrag leisten. Insbesondere haben die Anbieterunternehmen biobasierter Produkte die Möglichkeit, den öffentlichen Auftraggebern umfassend ihr Produkt- und Leistungsportfolio zu erläutern.