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Erfolgsmodell Genossenschaften: grünes Licht für mehr Nachhaltigkeit

Mit Projekten wie dem ökologischen Umbau der durch Bergbau und Montanindustrie überformten Gewässersysteme von Emscher und Lippe tragen die öffentlich-rechtlichen Wasserwirtschaftsunternehmen Emschergenossenschaft und Lippeverband maßgeblich zur Zukunftsfähigkeit dieser vom Strukturwandel geprägten nordrhein-westfälischen Region bei.

Autoren
Raimund Echterhoff, Vorstand Personal und Nachhaltigkeit und
Ralf Schumacher, Leiter der Stabsstelle Nachhaltige Entwicklung

Emschergenossenschaft und Lippeverband, Deutsches Institut für Entwicklungspolitik gGmbH

Dabei lassen sich die Unternehmen von einer Genossenschaftsidee leiten, bei der fach- und organisationsübergreifende Zusammenarbeit, Partizipation und Agilität im Fokus stehen. Dazu gehört ein Nachhaltigkeitsverständnis, das ganz auf Prävention setzt: Alle Vorstandsentscheidungen mit geschäftsbereichsübergreifender Bedeutung werden auf Basis eines Nachhaltigkeits-Schnellchecks getroffen – ein Vorsorgeinstrument, das in der Branche Vorreiterstatus hat.

Bereits 1899 wurde die Emschergenossenschaft als öffentlich-rechtliches Wasserwirtschaftsunternehmen gegründet, 1926 folgte die Gründung des Lippeverbands. Beide rechtlich eigenständigen Unternehmen bilden eine Verwaltungsgemeinschaft (EGLV), die gemeinsam rund 1.600 Mitarbeiter beschäftigt. Zu den Aufgaben von EGLV im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Daseinsvorsorge zählen insbesondere die Abwasserbeseitigung, das Hochwasserrisikomanagement, die Regenwasserbewirtschaftung, die Verbesserung des ökologischen Zustands der Gewässer sowie die Gewässerunterhaltung. Anspruch ist es, diese Aufgaben für das Gemeinwohl mit modernen Managementmethoden nachhaltig zu erbringen, als Leitidee des eigenen Handelns das Genossenschaftsprinzip zu leben und dabei einen Mehrwert für die rund 3,7 Millionen Menschen und die Umwelt in der Emscher-Lippe-Region zu schaffen.

Warum ist der Genossenschaftsgedanke dafür so wichtig? Die Organisationsform steht für gelebte Partizipation, die Möglichkeit übergreifender Zusammenarbeit und gemeinsamer Leistungserbringung auf regionaler Ebene. Damit stärkt sie die Beziehungen zwischen den Mitgliedern (bei EGLV: Kommunen, gewerbliche infrastrukturelle Unternehmen, Bergwerke bzw. ihre Folgeorganisationen, das Land NRW) und festigt den sozialen Zusammenhang in der Region. Ihre Mitglieder haben umfangreiche Mitspracherechte – ein Beitrag zur weiteren Demokratisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Die Genossenschaftsidee kann so als attraktives politisches Entwicklungsmodell für die Modernisierung öffentlicher Leistungserbringung dienen. Die Organisationsstruktur bei EGLV wird durch agile Teams ergänzt, die gezielt für die Planung und Umsetzung einzelner Maßnahmen zusammenkommen. Diese selbstorganisierenden und entscheidungsbevollmächtigten Teams ermöglichen es den Unternehmen, sich proaktiv an die komplexe und dynamische Umwelt anzupassen.

Auch das Nachhaltigkeitsverständnis von EGLV ist über interne Beteiligungsprozesse entwickelt und anschließend im integrierten Managementsystem verankert worden: Die Wasserwirtschaftsverbände möchten den Bedürfnissen der heutigen sowie künftiger Generationen gerecht werden und zu einer wirtschaftlich leistungsfähigen, sozial ausgewogenen und ökologisch positiven Entwicklung beitragen. An den naturnah umgebauten Gewässern mit ihren umgebenden, durch ein umfangreiches Wegenetz erschlossenen und mit zahlreichen Rastplätzen ausgestatteten Grünflächen lässt sich das bereits vor Ort erleben.

Mitglieder und Beschäftigte von EGLV waren zudem an einer Wesentlichkeitsanalyse beteiligt. Das Ziel der Befragung: die für die nachhaltige Entwicklung der Verbände relevantesten Handlungsfelder zu definieren. Zu den sieben wichtigsten wurden jeweils Teilstrategien mit Zielen und Maßnahmen konzipiert, die aktiv darauf abzielen, eine nachhaltige Entwicklung zu unterstützen. Dazu zählen beispielsweise die Erhöhung der biologischen Vielfalt oder die Steigerung der Eigenenergiequote (zur Verbesserung der Ressourceneffizienz/-schonung).

Vorsorgeinstrument – der Nachhaltigkeits-Schnellcheck
Nachhaltigkeit ist ein zentraler Grundsatz bei der Wahrnehmung aller Aufgaben der Verbände, fester Bestandteil der integrierten Managementsysteme und Entscheidungsprüfstein. Um die präventive Ausrichtung des Handelns in der Praxis sicherzustellen, wurde 2017 der Nachhaltigkeits-Schnellcheck eingeführt: Er ist verpflichtende Voraussetzung für alle Vorstandsentscheidungen mit geschäftsbereichsübergreifender Bedeutung und kam bisher 40-mal zum Einsatz – ein einzigartiges Vorgehen in der Branche.

Anhand von 29 Kriterien aus den Bereichen Umwelt und Gesellschaft wird geprüft, ob und in welcher Dimension negative oder positive Wirkungen durch das Projekt/Konzept etc. zu erwarten sind. Die Indikatoren basieren auf den Anforderungen des Deutschen Nachhaltigkeitskodex, weitere Indikatoren nach GRI-Standard (Global Reporting Initiative) ergänzen den Check. Zu den fünf wesentlichsten positiven und negativen Wirkungen gibt es eine konkretere Beschreibung. Schließlich heißt es abwägen: Kann man negative Wirkungen reduzieren? Gibt es Alternativmaßnahmen? Das Ergebnis wird in einer Ampel visualisiert.

Der Check wird von den jeweiligen Projektbearbeitern durchgeführt und von Mitarbeitern der Stabsstelle „Nachhaltige Entwicklung“ moderiert. Das Ganze nimmt einmalig nur 60 bis 90 Minuten in Anspruch. Ein Zeiteinsatz, der sich lohnt: Durch die Diskussion kommen verschiedene Blickwinkel ins Spiel, der Austausch zwischen den Disziplinen wird intensiviert, Prozesse optimiert.

Die Erfahrung zeigt deutlich: Jeder Schnellcheck hat bisher dazu beigetragen, dass nachhaltigere Maßnahmen ergriffen werden. Ein Beispiel: Bei Liegenschaftsverträgen mit Landwirten zur Zwischennutzung gibt es jetzt die Vorgabe, Blühstreifen anzulegen – ein Gewinn für die biologische Vielfalt.

Nachhaltiges Handeln setzt integrales Handeln voraus: interdisziplinäre, agile Teams können mit dem Instrument des Schnellchecks durch offenen Austausch Arbeits- und Produktionsprozesse initiieren, in denen ganzheitliches Denken die Richtung zu nachhaltigerem Wirtschaften aufzeigt – und für die die Ergebnisampel grünes Licht gibt.

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