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von Thomas Heine

Elektromobilität in der Praxis

Zu diesem Thema gibt es eine Reihe teilweise widersprüchlicher Studien. Die europäische Nichtregierungsorganisation Transport & Environment (T&E) hat in einer grossen Untersuchung sämtliche aktuellen Daten gesammelt und ausgewertet. Ihre Studie kommt zu einem eindeutigen Resultat: Ein neues, durchschnittliches europäisches Elektroauto verursacht heute nur rund einen Drittel des CO2-Ausstosses eines neuen Diesel- oder Benzinfahrzeugs. Wer bei uns also keinen Benziner kauft, sondern ein Elektroauto der gleichen Klasse, verringert seinen CO2-Ausstoss schon heute massiv.

Ein weiter wichtiger «Treiber» für die gestiegene Attraktivität von Elektro- und Hybridfahrzeugen dürfte der neue Prüfzyklus «WLTP» sein. Seit dem 1. September 2018 gilt in ganz Europa der neue Prüfzyklus WLTP. WLTP steht für «Worldwide harmonized Light vehicle Test Procedure» und ersetzt den bis anhin geltenden «Neuen Europäischen Fahrzyklus» (NEFZ oder NEDC auf Englisch). Mit diesem Wechsel sollen die Verbrauchsangaben neuer Fahrzeuge realitätsnaher werden.

In der Praxis führt das neue Messverfahren bei den meisten gängigen Flottenfahrzeugen zu teilweise massiv höheren Angaben des CO2 Ausstosses (im Ø rund 20%). Diese höheren CO2-Werte machen eine Überarbeitung der aktuellen Car Policy und der CO2-Grenzen beziehungsweise die Überprüfung und Anpassung der Referenzmodelle für viele Unternehmen mit Fahrzeugflotten zwingend erforderlich. Viele Unternehmen tun sich damit aber schwer, da die aktuellen Modelle und Motorisierungen in vielen Fällen den Bedürfnissen des Unternehmens entsprechen.

Die Förderung der E-Mobilität bietet daher einen guten Ausweg aus diesem «Dilemma». Durch eine Durchmischung der Flotte mit Elektrofahrzeugen kann der Geamt-CO2 Ausstoss einer Flotte ebenfalls gesenkt werden. Und genau diesen interessanten Weg verfolgen im Moment diverse Unternehmen.

Was braucht es nun aber, um die E-Mobilität in einem Unternehmen erfolgreich einzuführen ? Die Erfahrung mehrerer Unternehmen, die bereits auf Elektromobilität setzen, hat gezeigt, dass vor allem die folgenden Elemente sehr wichtig sind, um der den Anteil der Fahrzeuge mit Elektromobilität in Ihrer Flotte zu erhöhen:

  • Prinzip der Freiwilligkeit / Motivation der Berechtigten
  • Kommunikation (die Angst nehmen / Transparenz betreffend realistischer Reichweiten)
  • Ein passendes Anreizsystem. Die Elektromobilität muss für den Mitarbeiter interessant sein
  • Ein Komplettangebot (E-Fahrzeuge / Ladesystem / Ladekarten)

A. Prinzip der Freiwilligkeit / Motivation der Berechtigten
Zwang ist bei der Elektromobilität nicht zielführend. Unternehmen die die Elektromobilität fördern möchten tun gut daran, die Mitarbeiter zu motivieren, freiwillig umzusteigen. Dieses Vorgehen hat sich bewährt.

B. Kommunikation
Noch immer haben viele Mitarbeiter Angst, dass die Reichweite der Elektrofahrzeuge nicht ausreichend ist. Diese Angst ist aber in den meisten Fällen unbegründet. Sicher war das Thema Reichweite vor ein paar Jahren bei den ersten Fahrzeugen mit Elektroantrieb ein grosses Thema. Aber die Technik hat sich weiterentwickelt. In der Zwischenzeit gibt es diverse Modelle mit Elektroantrieb und realistischen Reichweiten über 300 km. Diese Reichweite genügt in den meisten Fällen. Würden Halter von Elektrofahrzeugen an jedem Arbeitstag tatsächlich 300 km fahren, ergäbe das eine Jahreskilometerleistung von 72'000 km (240 x 300). Das liegt aber weit über dem, was in der Schweiz im Durchschnitt tatsächlich gefahren wird. Die durchschnittliche Fahrleistung bei Flottenfahrzeugen liegt eher im Bereich von 30'000 km pro Jahr d.h. bei 100 – 125 km pro Tag. Sollte trotzdem einmal eine Aufladung am Tag notwendig werden gibt es in der Schweiz bereits heute eine recht gute Ladeinfrastruktur (rund 4'000 öffentliche Ladestationen). Diese Infrastruktur wird auch permanent erweitert.

C. Anreizsystem
Damit die Elektromobilität gefördert werden kann, müssen viele Unternehmen ihre Car Policy anpassen. Das gilt vor allem für diejenigen Unternehmen, die bisher in der Car Policy pro Mitarbeiter- oder Kaderstufe maximale Nettoanschaffungspreise vorgeben. Sehr oft ist es bei den aktuellen finanziellen Vorgaben schlicht nicht möglich, ein passendes Elektrofahrzeug zu finden, da die Anschaffungspreise der Elektrofahrzeuge in der Regel immer noch deutlich höher sind als diejenigen von vergleichbaren Fahrzeugen mit herkömmlichem Antrieb. Zudem fehlen aktuell auch noch diverse Ausführungen, die bei Unternehmen weit verbreitet sind (z.B. ein Kombi mit Elektroantrieb). In der Praxis haben sich aber 2 Systeme bewährt um zumindest das Preisdilemma zu lösen. Eine erste Variante ist die, Mitarbeitern die gewillt sind auf ein Fahrzeug mit Elektroantrieb umzusteigen, einen höheren Beschaffungspreis zuzugestehen. Dazu eignet sich zum Beispiel ein Elektro-Förderbeitrag. Bei einigen uns bekannten Beispielen liegt dieser je nach Mitarbeiterstufe und Firma zwischen CHF 5'000.- bis CHF 10'000.-, in einigen Fällen (Kaderfahrzeuge) auch deutlich höher.

Eine zweite bewährte Variante ist die, dass pro Mitarbeiterstufe 2 – 3 aktuelle Elektrofahrzeuge definiert werden, die vom Mitarbeiter ausgewählt werden können. Meistens handelt es sich dann bei diesen Vorgabefahrzeugen um Elektrofahrzeuge mit einem deutlich höheren Anschaffungspreis. In beiden Fällen kann für die Mitarbeiter ein interessanter Anreiz und ein attraktives Angebot geschaffen werden. Beide Varianten führen bei einer Gesamtkostenbetrachtung NICHT zu höheren Kosten für das Unternehmen. Dies liegt daran, dass z.B. die Betriebskosten von Elektrofahrzeugen (vor allem Service- und Unterhalt / Strom) teilweise deutlich tiefer liegen als bei Fahrzeugen mit herkömmlichem Antrieb. So sind z.B. auch die Full-Service-Leasingkosten von Elektrofahrzeugen mit einem deutlich höheren Anschaffungspreis oft nicht oder nur unwesentlich höher, als die Full-Service-Leasingkosten von Fahrzeugen mit herkömmlichem Antrieb und deutlich tieferem Anschaffungspreis. Das geht auch klar aus der untenstehenden Tabelle hervor (Treibstoff- / Stromkosten sind in den Full-Service-Leasingraten ebenfalls berücksichtigt):

D. Komplettangebot / (Heim-)Ladestationen
Elektrofahrzeuge brauchen Strom. Die Aufladung kann entweder zu Hause, am Arbeitsort oder unterwegs erfolgen. Die effektiven jährlichen Stromkosten hängen stark davon ab, wo das Elektrofahrzeug aufgeladen wird. Aufladen am Wohnort und Arbeitsort wäre wegen dem tiefen Tarif (+/- 21 Rp/KWh) die günstigste Variante. Das geht auch aus dem untenstehenden Vergleich hervor:

Ein Vergleichzeigt, dass die effektiven Stromkosten beim Elektrofahrzeug je nach Ladeart und Ladeort massiv variieren können. So liegen die Stromkosten beim VW ID 3.1 1st bei häufigem Laden unterwegs rund 60 % höher als wenn das Fahrzeug mehrheitlich am Wohn- und Arbeitsort geladen wird. Aus diesem Grund haben sich diverse Unternehmen dazu entschlossen, die Anschaffung und Installation einer (Heim-)Ladestation zu subventionieren und zu fördern. Das zahlt sich längerfristig auch für das Unternehmen aus.

Das Thema (Heim-)Ladestation ist aber ziemlich komplex. Je nach Wohnort und Liegenschaft gibt es unterschiedliche Lösungen. Es lohnt sich deshalb, den Mitarbeitern bei diesem Thema freie Wahl zu lassen. Am besten lässt sich dieses Thema deshalb mit einem attraktiven Förderbeitrag für eine Heimladestation lösen. Die Station gehört dann dem Mitarbeiter, die Firma beteiligt sich aber an den Beschaffungs- und Installationskosten. Die Förderbeiträge liegen bei den uns bekannten Fällen zwischen CHF 1'250.- und 2'500.-. Ob die privaten Stromkosten für die Aufladung des Elektrofahrzeuges zu Hause ebenfalls 1:1 vom Unternehmen übernommen werden können, hängt ebenfalls stark von der ausgewählten Ladestation und der Infrastruktur am Wohnort des Mitarbeiters ab. Im Idealfall kann der Mitarbeiter z.B. über das System «MOVE» (www.move.ch) sowohl den Strom zu Hause, am Arbeitsplatz als auch den Strom unterwegs direkt dem Unternehmen belasten. Die Kosten dafür liegen bei rund CHF 190.- pro Jahr (CHF 59.- für die MOVE-Karte und CHF 130.- für die Servicegebühr). Die Gesamtkosten einer «abrechnungsfähigen» Ladestation inklusive Kommunikationsmodul und Installation bei rund CHF 3'500.-. Ist eine Abrechnung des Strombezuges zu Hause nicht über MOVE oder ein ähnliches System möglich, kann der Strombezug zu Hause auch über eine pauschale Abgeltung geregelt werden.

Auch das Thema Strombezug unterwegs sollte geregelt werden. Grundsätzlich empfiehlt es sich, einen geeigneten Partner für Strombezüge unterwegs auszuwählen. So hat z.B. MOVE eine gute gesamtschweizerische Abdeckung über eigene Ladestationen. Ebenfalls bietet MOVE und das MOVE Partnernetz transparente, ladegeschwindigkeitsabhängige Flat Fees pro kWh / pro Minute an. So lassen sich auch die Stromkosten budgetieren. Wird den Mitarbeitern für Strombezüge unterwegs eine Ladekarte von MOVE oder von einer ähnlichen Organisation zur Verfügung gestellt, empfiehlt es sich die Verwendung von Schnellladestationen in Anbetracht der hohen Stromkosten nur bei Bedarf auf längeren Strecken zu empfehlen.
Ein weiteres wichtiges Thema sind die verschiedenen Fördermassnahmen «Elektromobilität» in der Schweiz. Eine gute Uebersicht über die verschiedenen nationalen, kantonalen und regionalen Fördermassnahmen gibt es hier: https://www.swiss-emobility.ch/de/elektromobilitaet/Foerdermassnahmen/. Interessant ist auch die finanzielle Unterstützung der Klimastiftung Schweiz für KMU (max. 250 Mitarbeiter) die den Einsatz der Elektromobilität planen. Weiterführende Informationen dazu gibt es hier: https://www.klimastiftung.ch/de/energie-sparen.html. Es lohnt sich auf jeden Fall diese Fördermassnahmen zu studieren. Je nachdem in welchem Kanton oder welcher Stadt ein Unternehmen seinen Sitz oder seine Filialen hat, sind Fördermassnahmen von mehreren Tausend Franken pro Fahrzeug möglich.

Abschliessende Bemerkungen
Bei einer Gesamtkostenbetrachtung sind die reinen Batterie-Elektrofahrzeuge (BEV) bereits heute sehr attraktiv. In Zukunft dürften auch die Anschaffungspreise noch weiter sinken, was sich nochmals positiv auf die Gesamtkosten von Batterie-Elektrofahrzeugen auswirken würde. Auch dürfte die Modellvielfalt in den kommenden Monaten deutlich zunehmen. Der Ersatz von herkömmlichen Fahrzeugen durch Elektrofahrzeuge ist aber auch ein sehr gutes Mittel um den CO2 Ausstoss eines Unternehmens zu senken. Jeder Ersatz eines herkömmlichen Fahrzeuges durch ein Elektrofahrzeug reduziert den CO2 Ausstoss um rund 4 – 5 Tonnen pro Jahr ! «Unter dem Strich» können Unternehmen also durch die Förderung der Elektromobilität ohne grosse Mehrkosten einen interessanten Beitrag an die Reduktion des Gesamt-CO2-Ausstoss ihrer Fahrzeugflotte leisten.

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