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von Thomas Heine

Sachsen bringt Vergabegesetz auf den Weg

Jedes Jahr werden im Freistaat Sachsen öffentliche Aufträge im Wert von mehreren Milliarden Euro vergeben. Im Jahr 2021 betrug das Auftragsvolumen beispielsweise ca. 2,9 Mrd. Euro. Die Koalition hatte vereinbart, dazu Regeln aufzustellen, damit die dafür aufgewendeten Steuergelder einen Beitrag dazu leisten, sozialen Zusammenhalt zu stiften und einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels zu liefern. Heute hat das Kabinett den Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Novellierung des Sächsischen Vergabegesetzes zur Anhörung freigegeben.

 

»Die wesentlichen Intentionen des Gesetzes sind die Modernisierung und Aktualisierung des Vergaberechts in Sachsen sowie die Schaffung eines Rechtsrahmens zu Förderung fairer, sozialer und ökologischer Bedingungen für den Wettbewerb«, so Wirtschafts- und Arbeitsminister Minister Dulig.

Der vorgelegte Gesetzentwurf fasst das bisherige Vergabegesetz komplett neu und beinhaltet eine Reihe von wichtigen Neuregelungen. So sollen insbesondere Dienstleistungen im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs auf Straße und Schiene künftig nur noch an Unternehmen vergeben werden, die die Mindestarbeitsbedingungen der einschlägigen repräsentativen Tarifverträge einhalten.

Für den Fall, dass keine Tarifverträge existieren, ist ein vergabespezifischer Mindestlohn (in Höhe der Entgeltgruppe E1 Stufe 2 einschließlich Sonderzahlung des Tarifvertrages des öffentlichen Dienstes für die Länder (TVL)) vorgesehen. »Zukünftig sollen damit nur noch Unternehmen an öffentlichen Aufträgen partizipieren können, die ihren mit der Ausführung des öffentlichen Auftrags befassten Beschäftigten diesen Mindestlohn zahlen. Wir wollen mit Steuergeldern Unternehmen beauftragen, die ihre Mitarbeitenden auskömmlich bezahlen und Gute Arbeit anbieten«, so Dulig.

Sofern es im Rahmen einer Neuausschreibung zur Erbringung von Personenverkehrsleistungen zu einem Betreiberwechsel kommt, sollen zukünftig für die bisherigen Beschäftigten die gleichen Rechte wie bei einem Betriebsübergang gelten, das heißt, die Beschäftigten erhalten eine deutlich höhere Sicherheit.

Vergabestellen sollen durch die geplanten Neuregelungen im Rahmen der Gestaltung ihrer Leistungsbeschreibungen zur Berücksichtigung von Lebenszykluskosten sowie Energieeffizienz verpflichtet werden. Sie können zudem Regelungen treffen, um zu verhindern, dass Waren beschafft werden, die unter Missachtung der in den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) festgelegten Mindeststandards gewonnen oder hergestellt worden sind. Ferner können Vergabestellen bei ihren Ausschreibungen soziale Kriterien wie beispielweise Gleichstellung und Chancengleichheit im Unternehmen, die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen, die Beschäftigung von Schwerbehinderten und Langzeitarbeitslosen explizit berücksichtigen.

Verpflichtet werden sollen Vergabestellen weiterhin, die Möglichkeit einer Vereinbarung von Stoffpreisgleitklauseln zu prüfen. Mit Stoffpreisgleitklauseln kann im Rahmen der Auftragsdurchführung entstehenden Materialmehr- oder minderkosten, die zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe noch nicht bekannt waren, begegnet werden. Diese Regelung dient somit den Interessen beider Vertragsparteien. Zudem soll künftig das Bestbieterprinzip Anwendung finden. Geforderte Erklärungen zur Überprüfung der Eignung muss danach nur der Bieter vorlegen, dem der Zuschlag erteilt werden soll. Ebenso ist im Gesetzentwurf eine Erhöhung und Dynamisierung der Schwellenwerte für freihändige Vergaben enthalten.

Ergänzend zu den sächsischen Regelungen ist die Anwendung der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) und der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) des Bundes vorgesehen. Sachsen schließt sich damit den übrigen Bundesländern an, die dies bereits so handhaben.

Vollumfänglich gelten soll das Gesetz für die staatlichen Auftraggeber sowie für sonstige, an die Sächsische Haushaltsordnung gebundene Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Für die Kommunen sollen hingegen umfassende Ausnahmen gelten. U.a. soll für diese die Regelung zum vergabespezifischen Mindestlohn ausgenommen sein. Freigestellt werden sollen den Kommunen z.B. die Einbeziehung von Stoffpreisgleitklauseln die Berücksichtigung von Lebenszykluskosten, Energieeffizienz, innovativer Produkte, fair gehandelter Produkte, Einrichtungen für behinderte Menschen sowie das Bestbieterprinzip.

Minister Dulig: »Ich bin mir bewusst, dass der Gesetzentwurf eine Reihe komplexer Neuregelungen beinhaltet, die sowohl für die Vergabestellen wie auch die Unternehmen zum Teil eine Umstellung der bisherigen Praxis bedeuten. Gleichzeitig ermöglichen wir aber auch erhebliche Vereinfachungen und Erleichterungen, wie z.B. durch die Einführung des Bestbieterprinzips oder die Anhebung der Schwellenwerte für freihändige Vergaben. In Gesamtheit schaffen so wir ein anwenderfreundliches Gesetz, dass unserer sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Verantwortung gerecht wird.«

Das Wirtschaftsministerium wird nunmehr die Anhörung des Gesetzentwurfs vorbereiten und durchführen. Dies wird voraussichtlich im Zeitraum März und April dieses Jahres erfolgen. Im Rahmen der Anhörung wird allen durch das Gesetz betroffenen Institutionen, Verbänden und Körperschaften die Möglichkeit zur Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf eingeräumt. Darüber hinaus wird für jeden parallel die Möglichkeit bestehen, über das Beteiligungsportal des Freistaates Sachsen Meinungen, Ideen, Vorschläge und Stellungnahmen zu dem Gesetzentwurf abzugeben.

»Im Anschluss an die Anhörung werden wir alle abgegebenen Stellungnahmen umfassend prüfen und ggf. in den Gesetzentwurf einarbeiten. Zudem werden wir die Entwicklungen auf Bundesebene im Rahmen des Vergabetransformationspakets beachten. Unser Ziel ist ein Gesetz, das den Interessen der öffentlichen Hand, der Kommunen, der Wirtschaft und insbesondere auch der Beschäftigten ausgewogen entspricht. In diesem gesamten Prozess gilt Sorgfalt vor Eile«, so Minister Dulig abschließend.

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