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von Thomas Heine

Textilbündnis darf wegen Corona-Krise nicht in künstliches Koma versetzt werden

Die Corona-Krise zeigt brennglasartig Defizite sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit in der Lieferkette hiesiger Mode- und Einzelhandelsunternehmen. Anstatt das Textilbündnis als Plattform für effektiveres, gemeinsames Handeln unterschiedlicher Akteure zu nutzen und Pfade für nachhaltigere Lieferketten nach Corona zu beschreiten, droht nun durch mehrere Wirtschaftsvertreter im Steuerungskreis eine Blockade. Eine kluge Strategie für eine nachhaltige Zukunft sieht anders aus, finden die zivilgesellschaftlichen Mitgliedsorganisationen im Bündnis.

Das Textilbündnis und seine Mitglieder haben sich das Ziel gesetzt, die Bedingungen in der weltweiten Textilproduktion zu verbessern - von der Rohstoffproduktion bis zur Entsorgung. In der Corona-Krise wird deutlich, wie wenig bisher erreicht wurde. Zulieferer in Produktionsländern scheitern wirtschaftlich in kürzester Zeit an zutiefst unfairen Einkaufspraktiken. Nie zeigte sich deutlicher, dass die bisher gezahlten Löhne nicht existenzsichernd sind. Rechte von Gewerkschaften werden mit Füßen getreten. Turbo-Geschäftsmodelle mit schnell wechselnden Kollektionen stoßen bei zwischenzeitlichen Ladenschließungen auf Schwierigkeiten und kurzfristig überfüllte Lager verdeutlichen den enormen Ressourcenverbrauch im Textilsektor.

Im Bündnis könnten jetzt Kräfte und Wissen gebündelt werden, um der Krise gemeinsam effektiver zu begegnen und neue Regeln und Strategien für soziale und ökologische Nachhaltigkeit in der Lieferkette mit unterschiedlichen Stakeholdern zu vereinbaren. Doch mit Verweis auf die Corona-Krise argumentieren manche Wirtschaftsvertreter für ein Aussetzen der Bündnis-Aktivitäten. "Wer das Textilbündnis jetzt ins künstliche Koma versetzen will, verhindert die Übernahme von Verantwortung und Nachhaltigkeitsfortschritte von Mitgliedsunternehmen," kritisiert Gisela Burckhardt von FEMNET. "Dabei sehen wir Beispiele für Mitgliedsunternehmen, die sich engagieren wollen und beispielsweise trotz Krise Aktionspläne für die Zukunft entwerfen. Aufgrund der Corona-Krise hatten wir im Steuerungskreis einer Aussetzung der Berichtspflicht im Bündnis im Jahr 2020 zugestimmt. Doch Wirtschaftsvertreter im Steuerungskreis stellen nun selbst die Arbeit an gemeinsamen Projekten sowie eine Wiederaufnahme der Berichtspflicht im Frühjahr 2021 in Frage. Das Bündnis muss den Handlungswillen von Unternehmen fördern, nicht blockieren!"

"Gerade der Multi-Stakeholder-Ansatz des Bündnisses, mit Mitgliedern aus Zivilgesellschaft, Gewerkschaften, Standardorganisationen, Regierung und Unternehmen, ermöglicht gemeinsames Lernen, um Lieferketten nachhaltiger und damit auch krisenresilienter zu machen," argumentiert. Sabine Ferenschild vom SÜDWIND Institut. "Wer jetzt die Arbeit von Expert*innengruppen des Textilbündnisses verhindert, verkennt die Zeichen der Zeit und verleugnet die gemeinsame Zielsetzung des Bündnisses."

Gerade die Corona-Krise macht den dringenden Handlungsbedarf in Sachen Nachhaltigkeit und Verantwortung für die Lieferkette offensichtlich. Das Bündnis hat bis jetzt wenig klare Nachhaltigkeitserfolge zu verzeichnen. Nicht nur zivilgesellschaftliche Organisationen sind überzeugt, dass Unternehmen, die bei sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit weiter voran gehen, zukünftige Krisen besser überstehen werden."

Hintergrund-Informationen

Diese Pressemitteilung wurde von den zivilgesellschaftlichen Organisationen im Steuerungskreis verfasst und repräsentiert nicht zwangsläufig die Meinung aller zivilgesellschaftlichen Mitglieder. Das Textilbündnis hat 19 zivilgesellschaftliche Mitgliedsorganisationen, die von FEMNET, INKOTA-netzwerk und dem SÜDWIND Institut im Steuerungskreis vertreten werden.

Weitere Informationen: Bündnis für nachhaltige Textilien

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