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von Thomas Heine

Viel Luft nach oben: Verantwortungsvoller Konsum des Staates

Gerade öffentliche Auftraggeber haben eine besondere Verpflichtung, bei der Verwendung von 470 Milliarden Euro Steuergeldern pro Jahr, einen guten Job zu machen. Dieses Potential will die Initiative „Aktiv für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung“ heben und dem „Vergabetransformationspaket 2023“ der Bundesregierung einen Schub verleihen.

Mit viel Energie, großem Enthusiasmus und hoher Fachkompetenz aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Verwaltung hat die Initiative Antworten auf die Fragen des BMWK anlässlich einer öffentlichen Konsultation erarbeitet. Sie verbindet damit die Hoffnung, dem Ziel einer nachhaltigen öffentlichen Beschaffung interessante und vorwärtsweisende Impulse gegeben zu haben.

Rockefeller verschenkte Öllampen, um Öl an deren Besitzer teuer verkaufen zu können. Wer einkauft, sollte deshalb die Gesamtkosten der Anschaffung nicht aus den Augen verlieren. Das ist wichtig. Denn wie oft entpuppt sich ein „Schnäppchen“ nach dem Kauf als Kostentreiber, weil die Gesamtkosten der Nutzung nicht in die Kaufentscheidung mit einbezogen werden.

Wer die Meere vor Afrika leerfischt, darf sich nicht wundern, dass dadurch arbeitslos gewordene Fischer das Weite suchen und sich auf den Weg nach Europa machen, um dort Arbeit zu finden. Und wer weiterhin beim Einkauf nicht darauf achtet, welchen CO2-Fußabdruck ein benötigtest Produkt verursacht, kann sich nicht beklagen, dass Flüsse über die Ufer treten und Menschen dadurch wohnungslos werden können.

Zugegeben, wer nachhaltig einkaufen will, macht sich das Leben nicht leicht. Denn er muss alle zur Verfügung stehenden Informationen sammeln und auswerten, um sinnvoll, das heißt enkelsicher, einzukaufen.

Von öffentlichen Institutionen mit ihren Einkaufsabteilungen sollte man als Bürger jedoch mehr Professionalität erwarten dürfen, als das, was der Bundesrechnungshof in seinem Bericht 2022 zur nachhaltigen Beschaffung der Bundesbehörden ausgeführt hat. Sein Ergebnis: die politische Forderung nach nachhaltiger öffentlicher Beschaffung wird nur marginal umgesetzt.

Grundsätzlich ist die nachhaltige Vergabe kein beliebtes Thema. Sie gilt aufgrund bestehender Zielkonflikte mit Wirtschaftlichkeitsfragen als umständlich, kompliziert und ist von großen Informationsbedarfen gekennzeichnet, die Behörden in föderalen Strukturen oft überfordern können.

Die Erkenntnis, dass viele Verwaltungsmitarbeitende bei Ausschreibungen überfordert sind, ist eine hilfreiche Erkenntnis. Deshalb schlägt die Initiative acht Regeln für schnelle Entscheidungen und einfache Verfahren vor. Diese sollen schnell Abhilfe schaffen, sofern es bundeseinheitliche Regeln gibt und ein Portal, dass beim Wissensaustausch hilft.

Neun Regeln für mehr Nachhaltigkeit bei Ausschreibungen

  • Einbindung von umwelt- oder klimabezogenen Aspekten in der Leistungsbeschreibung und in den Auftragsausführungsbedingungen.
  • Verbindlich-verpflichtende Anwendung von vereinheitlichten Vergabestandards
  • Nachhaltigkeitsanforderungen müssen –messbar formuliert werden
  • Einführung eines verbindlichen Monitoring System zur Erfolgsmessung. Die Nichtbeachtung der Meldungen an die Vergabestatistik sollte zudem sanktioniert werden, um die
  • Verpflichtung der Auftraggeber zu unterstreichen.
  • Dienststellenleitungen müssen zu Nachhaltigkeitszielen verpflichtet werden. Deshalb braucht jede Dienststelle Wirkungsziele, deren Umsetzung durch Kernindikatoren (KPIs) überprüft werden
  • Abbau unnötiger regulatorischer Vorschriften
  • Digitalisierung der Prozessabläufe und Schnittstellenoptimierung. Digitalisierung im Einkauf darf damit nicht als reines Technologie-Thema begriffen werden, sondern bedarf einer ganzheitlichen strategischen Einbettung.
  • Öffnung der Verwaltungsausbildung zu den Themen der Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Anpassung an die Folgen des Klimawandels
    Einführung eines K.O. Kriteriums, wer seinen gesetzlichen Pflichten, so auch den Nachhaltigkeitsberichtpflichten nicht nachkommt, wird in Ausschreibungen nicht berücksichtig.

Die Initiative zeigt auf, dass Praxisbeispiele und Handreichungen der nachhaltigen Beschaffung in großer Zahl existieren. Öffentliche Institutionen und NGOs stellen seit vielen Jahren Leitfäden, Mustervorlagen und erprobte Ausschreibungstexte zur Verfügung. Die Aufgabe besteht darin, diese kunden- und anwendungsfreundlich zusammenzuführen.

Unzureichende personelle Ausstattung, teilweise mangelnde Qualifikation im, als kompliziert empfundenen, Vergaberecht und fehlende Anerkennung / Einsicht der Notwendigkeit, nachhaltig zu beschaffen, behindern eine Transformation zur nachhaltigen öffentlichen Beschaffung. Deshalb müssen die Menschen gestärkt werden, welche die nachhaltige öffentliche Beschaffung umsetzen. Das gelingt nur mit einem konsequenten Change-Management in den Amtsstuben mit den Komponenten: Wertewandel in der Führung von Mitarbeiter*innen, deren regelmäßige Qualifikation und Kommunikation einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Corporate Identity.

Autor:
Thomas Heine

SDG media GmbH
Wagenfeldstraße 7a
44141 Dortmund

Tel: +49.231.94617200
e-mail: thomas.heine@sdg-media.de


Als Interview-Partner*innen stehen Ihnen zur Verfügung

  • Professor Bogaschewsky, Universität Würzburg, Initiator der Initiative „Aktiv für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung“
  • Thomas Heine, Herausgeber des Magazins für nachhaltige Beschaffung „Kleine Kniffe“, Initiator der Initiative „Aktiv für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung“
  • Ria Müller, Klimaschutzreferentin im Brandenburger Umweltministerium
  • Eveline Lemke, (Ministerin a.D.), Gründerin von Thinking Circular®, Beraterin und Expertin für Kreislaufwirtschaft
  • Aiko Wichmann, Leiter des Vergabe- und Beschaffungsamtes der Stadt Dortmund

 

 

Download: Statement der Initiative "Aktiv für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung" anlässlich der BMWK Konsultation zur Transformation des Vergaberechts

Statement_der_Initiative.pdf (445,0 KiB)

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